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Ferritglühen / Ferritisieren
Bei Gusseisenwerkstoffen wird durch das Ferritisieren die Auflösung des freien Zementits sowie des im Perlit vorliegenden Zementits in Ferrit und Graphit angestrebt, was zu einer deutlichen Absenkung der Härte führt (Weichglühen für Gusswerkstoffe). Der Prozess ist durch die Diffusion des im Zementit gebundenen Kohlenstoffs zum Graphit gekennzeichnet, wobei Perlitzerfall bereits ab ca. 400°C einsetzt und ab etwa 620°C signifikant ansteigt.
In Abhängigkeit vom Ausgangsgefüge und der chemischen Zusammensetzung des Gusseisens werden 3 Temperaturbereiche unterschieden. Unlegierte Gusseisen werden zur Ferritisierung kurz unterhalb Ac1 im Bereich zwischen 700°C und 760°C geglüht, wobei durch Perlitzerfall (Zementitauflösung) Ferrit und Graphit entstehen. Bei geringen Siliziumgehalten oder hohen Anteilen an karbidstabilisierenden Elementen, wie sie in legierten Gusseisen auftreten, wird im mittleren Temperaturbereich oberhalb Ac1 (T > 790°C) geglüht. Hierbei ist auf eine langsame Abkühlung (10 - 20 K/h) im Bereich zwischen 800°C und 680°C zu achten, da andernfalls eine unerwünschte Perlitbildung einsetzen kann. Das Ferritisieren bei Temperaturen wesentlich oberhalb Ac1 (mind. 855°C) wird angewendet, wenn im Gusseisen zusätzlich freier Zementit oder beständigere Karbide umgewandelt werden sollen. Bei erhöhten Phosphorgehalten (> 0,3 %) ist eine Glühtemperatur unterhalb 955°C unbedingt einzuhalten, um das Aufschmelzen des Phosphideutektikums zu verhindern. Werden an Gusseisen mit Kugelgraphit hohe Zähigkeitsanforderungen gestellt, ist ein mehrstufiges Ferritglühen oftmals unumgänglich.
Als Mindesthaltezeit bei Glühtemperatur kann eine Stunde je 25 mm der maximalen Bauteilwanddicke angenommen werden. Die Abkühlung erfolgt langsam und geregelt im Ofen bis zu Ausfahrtemperaturen von ca. 200 - 300 °C und anschließend an ruhender Luft, wodurch hier ein zusätzliches Spannungsarmglühen, wie es etwa nach dem Perlitisieren notwendig ist, nicht erforderlich ist.
Konstruktiv zu beachten ist, dass das Ferritglühen, infolge der Graphitausscheidung, immer eine Volumenvergrößerung des Bauteils bewirkt.
Glühverfahren | Häufige Fragen