>Wissenswertes
Anlassen
Das Anlassen schließt sich in der Regel an das Härten an, um eine zu hohe Sprödigkeit des Materials, die im Betrieb aufgrund erhöhter Rissbildungsgefahr unerwünscht ist, zu beseitigen. Aber auch andere mechanische Eigenschaften können in weiten Grenzen verändert und an die jeweiligen Anforderungen angepasst werden. Nach DIN EN 10052 wird unter Anlassen das Erwärmen eines meist martensitisch gehärteten Werkstückes auf eine Temperatur unter Ac1, das Halten bei dieser Temperatur sowie das nachfolgende zweckentsprechende Abkühlen definiert. Das Abkühlen von Anlasstemperatur erfolgt in vielen Fällen an ruhender Luft. Je nach chemischer Zusammensetzung des Stahls liegt nach dem Härten ein martensitisches Gefüge mit eventuell vorhandenem Restaustenit vor. Die Anlasstemperatur hat hierbei einen größeren Einfluss als die Anlassdauer, da die Beweglichkeit der zwangsgelösten Kohlenstaoffatome und die der Eisenatome mit steigender Temperatur zunimmt. Während sich durch die Wahl der Anlasstemperatur die angestrebte Härte einstellen lässt, wird die Anlassdauer nach der maximalen Wanddicke des Bauteils festgelegt.
Hinsichtlich des späteren Verwendungszweckes des Bauteils wird zwischen folgenden Anlassstufen unterschieden:
- Anlassen auf niedrige Temperaturen (100 - 250°C) bei gehärteten Kaltarbeitsstählen, niedriglegierten Warmarbeitsstählen sowie Wälzlagerstählen. Es dient der Sprödigkeitsminderung sowie dem Abbau innerer Spannungen, d. h. einer Verbesserung der Gebrauchseigenschaften ohne zu hohe Härteminderung.
- Anlassen auf höhere Temperaturen (Vergüten bei 500 - 680°C) zur Einstellung des gewünschten Verhältnisses zwischen Festigkeit und Zähigkeit. Eventuell vorhandener Restaustenit kann dabei weitgehend beseitigt werden. Auf diese Weise behandelt werden insbesondere Bau- und Konstruktionsstähle (vergütbare Sorten) sowie vergütbare Wälzlagerstähle.
- Anlassen auf höhere Temperaturen (500 - 650°C) zur Erhöhung der Warmhärte bzw. Warmfestigkeit sowie der Verschleißbeständigkeit. Auf diese Weise behandelt werden Stähle mit karbidbildenden Elementen, wie z. B. hochlegierte Warmarbeitsstähle (CrMoV-Sorten), Schnellarbeitsstähle und Wälzlagerstähle (warmharte Sorten). Bei Anlasstemperatur weisen diese Stähle einen Wiederanstieg der Festigkeit und Härte, die sog. Sekundärhärtung, auf. Diese bleibt im späteren Einsatz des Materials bis nahe der Anlasstemperatur weitgehend erhalten (Warmhärte).
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